Nach einem halben Jahr habe ich mich nun sehr erfolgreich in meinem Lebensabschnittszuhause eingelebt, was Alltag (ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte mal versehentlich Toilettenpapier in die Toilette geworfen habe) und Arbeit in der Sala Cuna angeht, in der ich mich schon lange nicht mehr wie die Neue, die eingearbeitet werden muss, sondern wie ein Teil des Teams fühle.

Die Arbeit in der Sala Cuna Naciente gehört generell zu den Dingen, die meiner Meinung nach, sehr gut geklappt haben und bei der ich viel lernen durfte. Mit der Zeit konnte ich immer besser den Sinn vieler Arbeitsweisen nachvollziehen. Beispielweise den Wochenplan, auf welchem immer zwei Aktivitäten pro Tag vorgegeben waren. Zu Beginn kam er mir wie ein strenger Stundenplan vor, der die Kinder in ihrem freien Spiel einengt. Jetzt sehe ich allerdings, wie flexibel die Erzieherinnen mit den meistens coolen Spielangeboten umgehen und dass der komplette Tag in der Sala definitiv nicht nur mit freiem Spiel gefüllt werden kann, wenn man keine Lust auf “unharmonisches Chaos“ hat.

In meinem Team fühle ich mich sehr wohl und wertgeschätzt. Im Alltag arbeiten wir sehr produktiv und unterhaltsam zusammen. Zum Ende des Jahres hin hat es dann sogar geklappt, dass Team zu mir zum Essen einzuladen. Da war dann auch mal mehr Raum sich persönlich kennenzulernen, Familienfotos zu zeigen usw., was während der Arbeitszeit oft untergeht. Das war schön.

Obwohl ich ja weniger Erfahrung mit der Arbeit habe, wird meine Meinung immer angehört und meine Anmerkungen und Ideen ernst genommen und eventuell auch umgesetzt. Beispielsweise essen wir zu Mittag auf meine Frage hin immer draußen im Hinterhof der Gruppe.

Gerade in den letzten Monaten hat unsere Gruppenleitung mich immer mehr in die Evaluierungsarbeiten eingeweiht. Sodass ich jetzt die von mir durchgeführten Aktivitäten auch selbst evaluieren kann.

In meinem letzten Bericht habe ich mir vorgenommen, mich in Zukunft mehr in die Aktivitäten einzubringen, eigene zu überlegen und durchzuführen. Das hat nicht nur gut funktioniert, sondern auch noch großen Spaß gemacht. Mit steigender Sprachkompetenz bin ich nämlich jetzt in der Lage genau zu verstehen was auf dem Plan steht und helfe es mit umzusetzen. Selbst habe ich zum Beispiel mit Unterstützung meines Teams meine Lieblingskinderbücher, die ich mitgebracht hatte, vorgelesen/gespielt, ein Puppentheaterspiel gemacht, die Kinder mit verschiedenfarbigen Eiswürfeln experimentieren lassen, mich als einen der heiligen drei Könige verkleidet (mit Bart) und einen Adventskalender für die Gruppe gestaltet.

Die Arbeit macht außerdem zum Ende des Jahres hin immer mehr Freude, da man die Kinder immer besser kennenlernt und auch die Entwicklungserfolge sieht.

Was ich nicht ganz so toll finde (was aber auch mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten recht schwer zu realisieren ist) ist, dass die Erzieherinnen nicht gemeinsam mit den Kindern zu Mittag essen und dass es keine altersgemischten Gruppen gibt.

Beim Verlegen des Rollrasens

Beim Verlegen des Rollrasens

Diese Woche haben wir Freiwilligen in der Sala Cuna Rasen verlegt. Daher hatte ich die letzte Woche gut mit Werzeuge beschffen, finanzielles regeln und im Baumarkt informieren zu tun. Ab Sonntag ging es dann sehr arbeitsintensiv ans Umgraben und Verlegen. Seit heute Mittag liegt der Rasen und wir sind alle völlig erschöpft, erleichtert und muskelkatergeplagt. Generell war die Aktion etwas chaotisch (Lieferung) und sehr anstrengend, da wir 5 Mädels waren die noch nie vorher Rasen verlegt haben, aber teilweise auch unterhaltsam. Besonders schön war, dass wir, als wir fast verzweifelt sind, spontan Verstärkung aus der Residencia kekommen haben.

Allerdings haben wir uns mit der Verantwortung etwas aleingelassen gefühlt.

Überraschend war für mich, wie anders hier doch Weihnachten ist. Die Adventszeit haben mir diverse Adventskalenderpäckchen der WG und von Zuhause versüßt. Allerdings konnte bei mir bei 30°C nur schwer ein Heiligabend-Gefühl aufkommen. Es war irgendwie alles zu hell, zu laut und zudem war auch noch ein WG-Mitglied nicht da. Wir haben uns trotzdem einen schönen Abend gemacht und richtiges Weihnachten gibt es nächstes Jahr wieder.

Ich fühle mich in meiner WG pudelwohl. Das trägt, glaube ich, maßgeblich zu meinem Glück hier bei, bringt aber auch mit sich, dass ich nicht ganz so sehr auf tiefgründige Beziehungen zu Chilenen/innen angewiesen bin. Das finde ich irgendwie schade. Beispielsweise verstehe ich mich mit meiner gleichaltrigen Arbeitskollegin zwar sehr gut, aber ich habe manchmal das Gefühl, dass wir irgendwie nicht auf einer Wellenlänge sind und wir uns in manchen Dingen nicht verstehen können. Meine WG, die ich ja auch nicht länger kenne, ist mir oft viel näher.

Ich stelle mir dabei allerdings auch die Frage, ob das an mir liegt oder einfach Ausdruck der chilenischen Kultur ist, bei der man sehr freundlich und schnell “Amigo“ ist, welcher definitionsgemäß vielleicht etwas von der deutschen Vorstellung eines Freundes abweicht. Außerdem ist von vornherein klar, dass ich nur ein Jahr bleibe. Daher ist es vielleicht auch verständlich, dass man jemanden nicht ganz so nah an sein Herz heranlässt, damit der Abschied nicht so schwer wird.

Trotzdem nehme ich mir für die zweite Halbzeit vor, mir in dieser Hinsicht noch mehr Mühe zu geben, die Menschen hier wirklich richtig kennen zu lernen, um sie noch besser zu verstehen.

Für das neue Arbeitsjahr nehme ich mir vor, mich ganz unvoreingenommen auf mein neues Team in der Sala Cuna einzulassen.

Ansonsten nehme ich mir eigentlich nur vor die restliche Zeit zu genießen und weiterhin mein Bestes zu geben.

 

Theresa W.

04.02.15, Recoleta