Abschlussbericht von Jula

Abschlussbericht Jula

„Man soll gehen, wenn es am schönsten ist.“ Das sagt man immer so leicht daher, doch nie hat dieses Zitat besser zu meiner Lebenssituation gepasst als jetzt. Die letzten zwei Monate habe ich fast ausschließlich in Cochabamba verbracht. Zu Beginn meines Freiwilligendienstes war es mir auch ein Anliegen mehr von Bolivien, dem Land, in dem ich jetzt ein Jahr gelebt habe, kennenzulernen. Jetzt, gegen Ende, wollte ich vor allem „meine“ Stadt noch einmal intensiver erleben und all die Kontakte vertiefen, die ich dieses Jahr geknüpft habe. In den letzten Wochen durfte ich auch nochmal mehr Freundschaften knüpfen und andere Ecken der Stadt erkunden. Auch über mich selbst habe ich selbst nach 9 Monaten außerhalb Deutschlands noch viel gelernt. Mehr als je fühle ich mich in Cochabamba jetzt ganz zu Hause. Und umso schwerer macht das den Abschied…

Auf der einen Seite will ich gar nicht daran denken wieder zurück nach Deutschland zu gehen, doch andererseits kann ich diese Konfrontation nicht länger aufschieben. In den letzten zwei Wochen ist es mir jetzt nochmals besonders wichtig viel Zeit mit meinen Kolleginnen und Freund*innen zu verbringen und jeden Moment besonders wertzuschätzen.

Es bereitet mir viel Wehmut alles hier zu verlassen. Vor allem der Gedanke daran, die Kinder hier vielleicht nie wieder zu sehen, schmerzt sehr. Besonders, da die Kleinen mich wahrscheinlich schneller als mir lieb ist wieder vergessen werden…

Das ganze Jahr hat mich unglaublich geprägt und ich habe mich persönlich stark weiterentwickelt. Durch die Arbeit mit den Kindern und das Vertrauen, das mir durch meine Kolleginnen entgegengebracht wurde, habe ich sehr an Selbstvertrauen gewonnen. Es war schön, Eigeninitiative zeigen zu können und so viel Wertschätzung für getane Arbeit zu erfahren.

Auch außerhalb des Arbeitsalltags wurde ich aus meiner Komfortzone gelockt. Bevor ich nach Bolivien kam, habe ich bei meinen Eltern daheim gewohnt. Alleine beziehungsweise mit anderen Jugendlichen zu wohnen, ist da schon etwas ganz anderes. Ich wurde quasi direkt gezwungen selbständig zu sein. Und das auch noch in einem fremden Land mit anderer Sprache. Aber da es ja keine andere Möglichkeit gibt, als sich anzupassen, machte ich das auch. Und es viel mir persönlich auch nicht sonderlich schwer. Die ganze Unterstützung, die ich von meiner Einsatzstelle und von meinen Mitbewohnerinnen bekommen habe, erleichterten den Einstieg in das Freiwilligenjahr enorm.

Jetzt, nach 12 Monaten, gehe ich selbstbewusster, eigenständiger und auch in vielen Aspekten entspannter und mit weniger Sorgen nach
Deutschland zurück. Ich habe gelernt, dass es irgendwie immer eine Lösung gibt und jede Herausforderung gemeistert werden kann. Es lohnt sich nicht, sich im Vorhinein schon zu sehr zu stressen. Wo ich mir noch vor einem Jahr viele Sorgen gemacht hätte, warte ich jetzt einfach mal ab und vertraue darauf, dass alles schon irgendwie wird. Ich hoffe sehr, mir diese Mentalität, die hier in Bolivien allgegenwärtig ist, auch in Deutschland beibehalten zu können.

Es ist unglaublich schön zu wissen, dass ich hier in Tirani immer ein zweites zu Hause haben werde. Die Tías und Profes werden nicht müde zu erwähnen, wie sehr sie uns vermissen werden und dass sie es jetzt schon gar nicht erwarten können uns bei einer Rückkehr wieder zu sehen. Nach meiner Ankunft in Deutschland will ich auf jeden Fall den Kontakt mit den Tías und einigen meiner Freund*innen hier aufrechterhalten. Und ich freue mich jetzt schon sehr darauf, so bald wie möglich wieder zu kommen. Auch wenn ein Besuch hier niemals an dieses einzigartige Jahr herankommen kann. So wie es jetzt ist, wird es nie wieder werden.

So traurig mich dieser Gedanke auch macht, bin ich sehr dankbar mein Jahr in Bolivien so verbracht haben zu dürfen. Ich habe fast ausschließlich positive Erfahrungen machen dürfen und so viele tolle Menschen kennengelernt. Die Arbeit hat mir immer großen Spaß gemacht und Cochabamba ist mein zweites Zuhause!

Ich bin dankbar für die Unterstützung der Tías hier vor Ort und all die schönen
Momente, die wir gemeinsam erlebt haben.

Ich hoffe, ich werde in Deutschland viele andere Jugendliche überzeugen können, auch einen Freiwilligendienst zu machen. Unterstützung wird hier immer gebraucht und es prägt nicht nur das Umfeld vor Ort, sondern vor allem einen selbst. Abseits von all dem Gewohnten habe ich über mich selbst so viele Dinge gelernt, die mir in Deutschland vielleicht erst in ein paar Jahren richtig klar geworden wären. Man macht einfach so eine große, persönliche Entwicklung durch!

„Man soll gehen, wenn es am schönsten ist.“ Auch wenn mir der Gehen-Part unglaublich schwer fällt, weiß ich, dass ich dieses Jahr immer in bester Erinnerung halten werde.

¡Hasta luego, Bolivia!

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