Eine "kommunistische Nonne"
Es war in den Jahren der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet. Ein deutscher Journalist erkundigte sich in der deutschen Botschaft von Santiago de Chile nach Themen, über die er berichten könnte. "Wollen Sie eine kommunistische Nonne kennenlernen?" fragte ihn der Presse-Attaché. Als der Journalist neugierig wurde, bekam er die Adresse von Karoline Mayer. Er fand sie in einem der Armenviertel der Stadt.
Die Schwester aus dem bayerischen Eichstätt galt zu Pinochets Zeiten als "Marxistin", weil sie für soziale Gerechtigkeit gekämpft hatte und während der Regierungszeit Salvador Allendes den Sozialisten nahe gestanden war.
Diese hatten in der Tat versucht, sie zum Eintritt in ihre Parteiei zu bewegen. Zur Belohnung sollte sie sogar die chilenische Staatsbürgerschaft bekommen. Doch sie hatte abgelehnt. "Ich sagte ihnen, es sei nicht meine Berufung, in eine Partei einzutreten", berichtet die 59-jährige Schwester.
Und sie erklärt mit einem Zitat aus dem Lukasevangelium, was damals wie heute ihr Anliegen war:
"...den Armen die frohe Botschaft, den Gefangenen Befreiung und den Blinden das Augenlicht zu verkünden und die Gequälten in die Freiheit zu entlassen" (Lk 4,18).
Mit diesem "Programm" war es Schwester Karoline seit Beginn der 70er Jahre gelungen, Tausenden von Menschen in den Armenvierteln Santiagos Brot, Kleidung, Arbeit, eine menschenwürdige Wohnung, Schutz vor Verfolgung, ärztliche Hilfe, eine Berufsausbildung und Hoffnung für die Zukunft zu geben.